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Bürger*innen am Ausbau der Windkraft beteiligen

Mittwoch, 26.06.2024

Es waren eher untypische Nachrichten aus Bayern Anfang Februar: „[…] Bürger stürzen sich auf Windkraft-Beteiligung“ titelte zum Beispiel der MERKUR am 29. Januar 2024. Hintergrund ist, dass im Hofoldinger Forst im Süden Bayerns ein Windpark mit drei Windrädern gebaut und 2025 in Betrieb genommen werden soll. Für die Finanzierung des Projekts wurde eine digitale Plattform genutzt, über die sich Anwohnende mit Beträgen ab 500 Euro finanziell am Windpark beteiligen konnten – und dies auch in großem Umfang getan haben. Der Ansturm war so groß, dass innerhalb von 2,5 Stunden die notwendigen sechs Millionen Euro für den Windpark zusammengekommen waren. Die Rendite der Anlagen soll über zehn Jahre Laufzeit bei sechs Prozent liegen.

Das Beispiel zeigt, wie eine gute Energiewende funktionieren kann: Sie ist lokal, bezieht Bürger*innen aktiv mit ein, nimmt ihre Bedenken und Einwände ernst und ermöglicht den Anwohner*innen vor Ort finanziell von den erneuerbaren Energien in ihrer Umgebung zu profitieren.

Aktuell befinden wir uns zwar auf einem guten Weg: 2023 kam in Deutschland insgesamt mehr als die Hälfte des erzeugten Stroms aus Windkraft und Photovoltaik und wir entfernen uns damit Schritt für Schritt von den fossilen Energien. Doch haben wir auch noch große Aufgaben vor uns: Bis 2030 wollen wir 80 Prozent der Energie in Deutschland aus den Erneuerbaren beziehen. Auch Hamburg muss und möchte dazu seinen Beitrag leisten. Letztes Jahr haben wir das novellierte Hamburgische Klimaschutzgesetz und die Fortschreibung des Klimaplans verabschiedet, aktuell arbeitet der Senat an einer Photovoltaikstrategie für den Ausbau der Solarenergie in Hamburg. Schon jetzt können Hamburger Windräder mehr als 100.000 Haushalte mit Strom beliefern. Dazu kommt, dass Hamburg nach dem Windenergieflächenbedarfsgesetz (WindBG) bis 2027 0,25 Prozent und bis 2032 nochmal 0,25 Prozent – also insgesamt 0,5 Prozent seiner Landesfläche für die Nutzung durch Windenergie ausweisen wird.

Mit unseren ambitionierten Klimazielen haben wir den Kurs der Stadt auf Klimaschutz gesetzt und auch bei der Windkraft wollen wir in jedem Fall die gesetzlichen Pflichten aus dem Windenergiebedarfsgesetz erfüllen. Hamburg hat die Chance, diese Flächen bereits früher auszuweisen. Dabei gilt, dass wir soweit rechtlich und tatsächlich möglich zuerst bereits versiegelte Flächen nutzen, die notwendigen Abstände (zum Beispiel zu Siedlungen und Naturschutzgebieten) einhalten und den Artenschutz berücksichtigen. So sollen beispielsweise auch die Windkraftpotenziale im Hafen identifiziert und genutzt werden, auch wenn diese nicht für das Flächenziel des WindBG anrechenbar sind. Außerdem wollen wir den Ausbau der Windkraft auch gemeinsam mit den Bürger*innen der Stadt gestalten. Im Sinne einer guten Energiewende wollen wir die Anwohner*innen im Umkreis der geplanten Windräder mitnehmen, sie informieren und sie beteiligen. Vorbildkommunen in ganz Deutschland haben es in den letzten Jahren vorgemacht. Sie schaffen eine Energiewende zum Anfassen und schaffen Akzeptanz für die Windenergie. Das wollen wir auch für Hamburg: Energie von Bürger*innen für Bürger*innen.

Daher sollte die Stadt Hamburg jetzt prüfen, welche Form der Beteiligung sich für die Energiewende am besten eignet und diese Beteiligungsform für die ausgewiesenen Windkraftareale anwenden. Idealerweise sollten diese Beteiligungen auch beim Repowering von bestehenden Windkraftanlagen Anwendung finden. Mögliche Optionen lassen sich auch aus den Beispielen der Bundesländer Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen und Brandenburg ableiten: Diese drei Bundesländer haben bereits Bürgerenergiegesetze, die eine verpflichtende Beteiligung der Menschen und Kommunen vor Ort bei Windkraftprojekten vorsehen. Weitere Bundesländer prüfen aktuell ähnliche Gesetze. Um einem gesetzlichen Flickenteppich vorzubeugen und einen gemeinsamen Weg zu gehen, sollte Hamburg sich auf Bundesebene für ein bundesweites Bürgerenergiegesetz einsetzen. Dieses müsste aber der besonderen Situation Hamburgs als Stadtstaat unbedingt Rechnung tragen: Denn trotz Hamburgs sieben Bezirken ist die Stadt (genau wie Berlin) formal eine Einheitsgemeinde. Hier ist es wichtig, dass ein Bürgerenergiegesetz es der Stadt trotz dieser Struktur ermöglicht, Einnahmen aus dem Bürgerenergiegesetz gezielt den betroffenen Bezirken und Menschen vor Ort direkt zukommen zu lassen. Dann schafft das Bürgerenergiegesetz die Möglichkeit, Menschen und Bezirke vor Ort aktiv in die Energiewende miteinzubeziehen, sie finanziell zu beteiligen und so die Akzeptanz der Energiewende zu erhöhen.

 

Die Bürgerschaft möge beschließen:

Der Senat wird ersucht,

1. den Ausbau der Windkraft in Hamburg voranzutreiben und dafür, vor der Frist des Windenergieflächenbedarfsgesetzes (WindBG) statt bis zum 31.12.2032, bereits bis zum 31.12.2027 0,5 Prozent der Landesfläche als Windenergiegebiete gemäß Windenergieflächenbedarfsgesetzes auszuweisen;

2. zu prüfen, mit welchen Modellen die anwohnende Bevölkerung und die betroffenen Bezirke an den zu errichtenden Windrädern und ihren Erträgen sowie am Repowering von bestehenden Anlagen finanziell und organisatorisch beteiligt werden können, insbesondere:

a. Kommunal und/oder individuelle Beteiligung,

b. Wirtschaftliche Ausgestaltung der Investitionsmöglichkeit, d. h. reine Gewinn-/Ertrags- oder unternehmerische Beteiligung (einschließlich Verlustbeteiligung),

c. Rechtsform der Beteiligung in Bezug auf (a) Gewinn-/Ertragsbeteiligung und (b) organisatorische Beteiligung (reine Wahrnehmung Gesellschafterrechte und/oder Vertretung in den Organen (Aufsichtsrat oder sonstige Gesellschaftervertretungen);

3. zu prüfen, ob ein Bürgerenergiegesetz zum Beispiel nach dem Vorbild Brandenburgs oder Nordrhein-Westfalens sich auch für Hamburg eignet und welche Ausgestaltung des Gesetzes in Hamburg anwendbar wäre;

4. der Bürgerschaft bis zum 31. Dezember 2024 zu berichten.

 

sowie
  • der Abgeordneten Rosa Domm
  • Johannes Alexander Müller
  • Eva Botzenhart
  • Olaf Duge
  • Sonja Lattwesen
  • Dominik Lorenzen
  • Zohra Mojadeddi
  • Andrea Nunne
  • Lisa Maria Otte
  • Ulrike Sparr
  • Charlotte Stoffel (GRÜNE) und Fraktion